Graziella Mimic

Quiet Quit­ting: Was, wenn die Mit­ar­bei­ter inner­lich kün­di­gen?

3. 06. 2023

Lesedauer: 6 Minuten

The Big Quit, auch Gre­at Resi­gna­ti­on genannt, hat Deutsch­land zwar noch nicht erreicht. Doch vie­le Arbeit­neh­mer sind frus­triert und als Quiet Quit­ter nicht gewillt, auch nur einen Hand­schlag mehr zu tun, als ver­trag­lich ver­ein­bart. Wor­an liegt das Quiet Quit­ting und wie kön­nen Unter­neh­men dage­gen steu­ern?

Im Zuge der Coro­na­pan­de­mie stell­ten so vie­le Men­schen wie nie zuvor ihr Arbeits­ver­hält­nis infra­ge. Ins­be­son­de­re in den USA schmis­sen Mil­lio­nen Arbeit­neh­mer ihre Jobs hin. Getrie­ben durch die Kri­se spiel­ten und spie­len immer noch auch hier­zu­lan­de nicht weni­ge Men­schen mit dem Gedan­ken, sich beruf­lich zu ver­än­dern und den Arbeits­platz zu wech­seln. Ein gro­ßer Teil von ihnen hat es getan, doch die von man­chen Medi­en ange­kün­dig­te rie­si­ge Kün­di­gungs­wel­le ist bis­her aus­ge­blie­ben. Steht sie uns womög­lich noch bevor?

Der Fra­ge, ob sich die gro­ße Resi­gna­ti­on auch in Deutsch­land ver­brei­ten könn­te, ist Ring­Cen­tral nach­ge­gan­gen. Im Rah­men einer Stu­die in Zusam­men­ar­beit mit dem Markt­for­schungs­un­ter­neh­men IPSOS unter­such­te der Anbie­ter von Cloud-Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Col­la­bo­ra­ti­on-Lösun­gen, wie zufrie­den deut­sche Arbeit­neh­mer mit ihrem Arbeits­ver­hält­nis sind und wie es aktu­ell um ihre Moti­va­ti­on steht.

Dabei wur­den vom 30. Sep­tem­ber 2022 bis zum 11. Okto­ber 2022 ins­ge­samt 1.001 Arbeit­neh­mer in Deutsch­land im Alter von 21 bis 65 online befragt – dar­un­ter 535 Front­li­ne-Mit­ar­bei­ter und 466 Wis­sens­ar­bei­ter. An der Umfra­ge nah­men auch jeweils 1.002 Arbeit­neh­mer in den USA, Groß­bri­tan­ni­en, Aus­tra­li­en und Frank­reich teil. So kamen ins­ge­samt 5.009 Beschäf­tig­te zu Wort.

Gre­at Resi­gna­ti­on noch nicht in Deutsch­land

Deutsch­lands Unter­neh­men haben der­zeit kei­ne gro­ße Anzahl an Kün­di­gun­gen durch ihre Mit­ar­bei­ter zu befürch­ten, fand die Ring­Cen­tral-Stu­die her­aus. Nur vier Pro­zent der befrag­ten Ange­stell­ten plan­ten aktiv, ihr Arbeits­ver­hält­nis zu been­den.

Knapp die Hälf­te der deut­schen Arbeit­neh­mer (45 Pro­zent) denkt aktu­ell nicht über eine Kün­di­gung nach. Rund 44 Pro­zent ver­fol­gen die­sen Gedan­ken gele­gent­lich, oft haben die­sen Gedan­ken ledig­lich acht Pro­zent.

Was den inter­na­tio­na­len Ver­gleich angeht, sieht es laut Unter­su­chung so aus, als ob Deutsch­land am wenigs­ten von der “Gre­at Resi­gna­ti­on” bedroht sei: In Frank­reich pla­nen aktu­ell acht Pro­zent der Befrag­ten ihr Arbeits­ver­hält­nis zu been­den, in Aus­tra­li­en neun Pro­zent, in Groß­bri­tan­ni­en sogar zehn Pro­zent.

Quiet Quit­ting: Nur noch das Not­wen­digs­te

Auch wenn die gro­ße Mehr­heit der deut­schen Arbeit­neh­mer nicht vor­hat, ihr Unter­neh­men zu ver­las­sen, gibt den­noch ein Drit­tel (34 Pro­zent) zu, im Moment nur noch das Not­wen­di­ge für den Job zu tun und ord­net sich somit dem Trend “Quiet Quit­ting” zu.

Der Aus­druck “Quiet Quit­ting” wur­de von “Zaid Lep­pe­lin” in den USA geprägt, erläu­tert das Por­tal Karrierebibel.de und zitiert die Defi­ni­ti­on des Tik­To­kers: “Du kün­digst nicht dei­nen Job, arbei­test aber nicht mehr als dein Ver­trag vor­sieht. Arbeit ist nicht dein Leben, dein Wert als Mensch defi­niert sich nicht über dei­ne Pro­duk­ti­vi­tät.” Kurz gesagt: Die stil­le Kün­di­gung sei ein Aus­weg aus dem Hams­ter­rad.

Quiet Quit­ting: Die stil­le Kün­di­gung

“Der Begriff Quiet Quit­ting, zu Deutsch ’stil­le Kün­di­gung’, kann dabei schnell in die Irre füh­ren. In ers­ter Linie bedeu­tet er nur, dass Arbeit­neh­mer ent­schei­den, nicht mehr zu tun, als ver­trag­lich vor­ge­se­hen ist. Sie zie­hen also kla­re Gren­zen zwi­schen Berufs- und Pri­vat­le­ben, machen zum Bei­spiel pünkt­lich Fei­er­abend und kei­ne Über­stun­den mehr”, erklärt Tho­mas Nico­laus, Area Vice Pre­si­dent Sales DACH bei Ring­Cen­tral.

“Das heißt aber nicht auto­ma­tisch, dass sie ihre Arbeit nicht mehr gern tun oder nicht mehr enga­giert und moti­viert wäh­rend der Arbeits­zei­ten tätig sind. Pro­ble­ma­tisch wird es, wenn Quiet Quit­ting eine direk­te Reak­ti­on auf eine Unzu­frie­den­heit am Arbeits­platz ist, weil inef­fi­zi­en­te Pro­zes­se oder Kom­mu­ni­ka­ti­ons­struk­tu­ren bei­spiels­wei­se Mehr­ar­beit erfor­dern.”

Die­se Ein­stel­lung ist den Stu­di­en­ver­fas­sern nach ins­be­son­de­re bei den jün­ge­ren Alters­grup­pen ver­brei­tet. So bezeich­ne­ten sich 49 Pro­zent (bei­na­he die Hälf­te) der 21- bis 34-Jäh­ri­gen selbst als Quiet Quit­ter. Dies nimmt aller­dings mit zuneh­men­dem Alter ab. Dem Trend ord­nen sich “nur” 39 Pro­zent der 35- bis 44-Jäh­ri­gen, 25 Pro­zent der 45- bis 54-Jäh­ri­gen und 18 Pro­zent der 55- bis 65-Jäh­ri­gen zu.

Deutsch­land hat die wenigs­ten Quiet Quit­ter

In Deutsch­land soll es übri­gens die wenigs­ten Quiet Quit­ter geben. In Frank­reich und Aus­tra­li­en gehö­ren jeweils 40 Pro­zent dazu, in Groß­bri­tan­ni­en gan­ze 44 Pro­zent.

Doch wo lie­gen die Grün­de für die Ver­brei­tung die­ses Phä­no­mens? “Quiet Quit­ting ist zum einen das Resul­tat aus einem gesell­schaft­li­chen Wan­del, der per­sön­li­che Erfül­lung mehr im Pri­va­ten als in der Kar­rie­re sieht”, schil­dern die Stu­di­en­au­toren. “Zum ande­ren scheint das Phä­no­men auch Aus­druck einer gewis­sen Unzu­frie­den­heit am Arbeits­platz zu sein.

 Die aktu­el­le Stu­die zeigt, dass nur jeder zwei­te Deut­sche wirk­lich zufrie­den mit sei­nem Arbeits­ver­hält­nis ist. Nur 49 Pro­zent bezeich­nen sich als ’sehr zufrie­den’ oder ‘äußerst zufrie­den’. 27 Pro­zent der deut­schen Arbeit­neh­me­rIn­nen sind mäßig zufrie­den, 24 Pro­zent sogar wenig oder nicht zufrie­den.”

In den Befra­gungs­er­geb­nis­sen scheint sich zudem ein Schlüs­sel für Unter­neh­men zu ver­ber­gen, die für mehr Zufrie­den­heit bei ihren Mit­ar­bei­ten­den sor­gen wol­len: 59 Pro­zent – und damit deut­lich mehr als der Durch­schnitt – der Ange­stell­ten, die sich in einem hybri­den oder einem Remo­te-Modell befin­den, sind laut der Stu­die sehr oder äußerst zufrie­den.

Im inter­na­tio­na­len Ver­gleich schnei­den Groß­bri­tan­ni­en (mit 60 Pro­zent) und Aus­tra­li­en (mit 56 Pro­zent) bei der Mit­ar­bei­ter­zu­frie­den­heit bes­ser ab als Deutsch­land: 49 Pro­zent der Arbeit­neh­mer bezeich­nen sich hier als zufrie­den mit ihrem der­zei­ti­gen Arbeits­ver­hält­nis. Nur Frank­reich reiht sich mit 44 Pro­zent unter­halb von Deutsch­land ein.

Nur noch Dienst nach Vor­schrift

Zwar ist der Begriff Quiet Quit­ting rela­tiv neu, die Ein­stel­lung, die er beschreibt, ist es hin­ge­gen kei­nes­falls. Schon lan­ge gibt es Men­schen, die nur noch Dienst nach Vor­schrift leis­ten oder sogar inner­lich gekün­digt haben, weil sie in ihrer Arbeit kei­nen Sinn mehr sehen oder mit ihren Arbeits­be­din­gun­gen nicht zufrie­den sind. Doch inzwi­schen ver­fü­gen Arbeit­ge­ber über Mög­lich­kei­ten, Ihren Beschäf­tig­ten ent­ge­gen­zu­kom­men und bestimm­te Anfor­de­run­gen zu berück­sich­ti­gen.

“Der Trend zum hybri­den Arbei­ten ist unge­bro­chen. Arbeit­neh­me­rIn­nen von heu­te wün­schen sich fle­xi­ble Arbeits­or­te und ‑zei­ten sowie mehr Frei­raum für ihr Pri­vat­le­ben. Gera­de vor dem Hin­ter­grund des aku­ten Fach­kräf­te­man­gels müs­sen Unter­neh­men die­sen Wün­schen begeg­nen, um Mit­ar­bei­te­rIn­nen zufrie­den­zu­stel­len und im Unter­neh­men zu hal­ten”, kom­men­tiert Nico­laus.

Wie lässt sich Quiet Quit­ting ver­hin­dern?

 “64 Pro­zent der Mit­ar­bei­ten­den, die sich in hybri­den oder Remo­te-Model­len befin­den, erach­ten hier­für auch fle­xi­ble Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tools als not­wen­dig, um mit Kol­le­gIn­nen an ande­ren Stand­or­ten zu inter­agie­ren und den Job zu erle­di­gen.” Uni­fied Com­mu­ni­ca­ti­ons as a Ser­vice (UCaaS) wer­de damit zu einem wich­ti­gen Geschäfts­trend im Jahr 2023. Gleich­zei­tig soll­ten Unter­neh­men ihre Mit­ar­bei­ter jedoch nach wie vor ermu­ti­gen, im Büro zusam­men­zu­kom­men. Der per­sön­li­che Aus­tausch, über den Tisch hin­weg, kön­ne bei­spiels­wei­se dazu bei­tra­gen, Pro­ble­me effi­zi­en­ter zu lösen, Ent­schei­dun­gen schnel­ler zu tref­fen oder von­ein­an­der zu ler­nen.

Dass ver­schie­de­ne Ansät­ze kom­bi­niert wer­den soll­ten, um Quiet Quit­ting zu ver­hin­dern, fin­det auch die Spen­dit AG – das Unter­neh­men bie­tet digi­ta­le Lösun­gen im Bereich der Mit­ar­bei­ter-Bene­fits, um sowohl die Arbeit­ge­ber­at­trak­ti­vi­tät als auch die Mit­ar­bei­ter­mo­ti­va­ti­on zu stei­gern. “Füh­rungs­kräf­te müs­sen sich an die neu­en Arbeits­be­din­gun­gen anpas­sen, und neue Struk­tu­ren in Unter­neh­men müs­sen eta­bliert wer­den.

So för­dern Betrie­be, dass Mit­ar­bei­ter sich ihrer Arbeit wie­der ver­bun­den füh­len und in ihrem Bei­trag zum Erfolg wert­ge­schätzt wer­den”. Dazu sei­en grund­le­gen­de Ele­men­te wie die Anpas­sung von Lohn und Zusatz­leis­tun­gen an die Preis­stei­ge­run­gen eben­so geeig­net wie die Fle­xi­bi­li­sie­rung von Arbeits­zeit und ‑ort.

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